Das Helmstedter Revier – Wandel auf 4.500 Hektar
Im Osten des Verbandsgebiet liegt einer der größten raumplanerischen Herausforderungen der Region: Das Helmstedter Revier steht vor dem bedeutenden Wandel von einem ehemaligen Braunkohlerevier hin zu einer zukunftsorientierten Landschaft mit neuen Perspektiven für Natur, Energiewirtschaft und Tourismus.
Gemeinsam mit dem Planungsverband Buschhaus hat der Regionalverband daher einen freiraumplanerischen Ideenwettbewerb ausgelobt, um dieser Transformation von Anfang an einen ganzheitlichen Ansatz und eine übergeordnete Vision zu geben.
Die Lage im Verbandsgebiet
Das Helmstedter Braunkohlerevier liegt südlich von Helmstedt, östlich von Schöningen und westlich von Harbke, an der Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Der Großteil befindet sich im Landkreis Helmstedt, ein kleinerer Teil im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt. Die Großstädte Braunschweig, Wolfsburg und Magdeburg sind jeweils etwa 30 Kilometer entfernt. Morphologisch stellt dieser Landschaftsraum einen Übergang vom Harzer Bergland in die norddeutsche Tiefebene dar. Die Helmstedter Tagebaulandschaft gehört zur Helmstedter Mulde zwischen den Höhenzügen von Elm und Lappwald.
Geologische und historische Bedeutung
Das Revier erstreckt sich über 4.500 Hektar und war damit mit weitem Abstand das kleinste der deutschen Braunkohlereviere. Der Braunkohleabbau prägte die Region seit dem 19. Jahrhundert und schuf bedeutende Tagebaue wie Schöningen und Helmstedt. Während der deutschen Teilung verlief die innerdeutsche Grenze durch das Gebiet, was zu einer einzigartigen Zusammenarbeit zwischen Ost und West führte und heute das „Grüne Band“ als Naturschatz hinterlassen hat. Der Wandel hat durch seine Dimension auch Einfluss auf das restliche Verbandsgebiet und ist eines der größten regionalbedeutsamen Projekte der nächsten Jahrzehnte.
Rekultivierung und neue Nutzungskonzepte
Die letzte aktive Förderung endete 2016, und 2020 wurde das Kraftwerk Buschhaus endgültig abgeschaltet. Die Region steht nun vor der Herausforderung, die ehemaligen Tagebauflächen sinnvoll umzugestalten.
Unter der Federführung des Planungsverbands Buschhaus und des Planungsverbands Lappwaldsee wird sich das Gebiet neu aufstellen. Das Helmstedter Revier soll sich zu einer Landschaft, die Erholung, erneuerbare Energien und Naturschutz verbindet, transformieren. Rekultivierte Flächen bieten neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Projekte wie die Umrüstung des Standorts Buschhaus auf nachhaltige Energietechnologien sind wegweisend. Geplant ist eine integrative Nutzung, die Tourismus, Erholung und erneuerbare Energien harmonisch verbindet. Diese Vision ist auch Kern eines freiraumplanerischen und städtebaulichen Ideenwettbewerbs, der im Dezember 2024 vom Planungsverband Buschhaus und dem Regionalverband gemeinsam ausgelobt wurde.
Viel Arbeit für den Regionalverband
Da es sich bei den Maßnahmen, Projekte und Ideen, die in den kommenden Jahrzehnten im ehemaligen Helmstedter Revier angestoßen werden, oft um raumbedeutsame Vorhaben handelt, wird der Regionalverband intensiv involviert sein. Viele notwendige Prüfungen der Raumordnung werden beim Regionalverband als zuständiger unterer Landesplanungsbehörde liegen. Die frühzeitige Kooperation von Planungsverbänden vor Ort und dem Regionalverband und das gemeinsame Vorgehen von Anfang an, sollen zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der notwendigen Verfahren beitragen.
Der Ideenwettbewerb
„Transformation Helmstedter Revier – vom Braunkohlerevier zur Grünen Energielandschaft"
Sieger des Ideenwettbewerbs

Platz 1
Glück Landschaftsarchitektur GmbH, mit Labor für urbane Orte und Prozesse, beide Stuttgart
Jury Begründung für „Landschaftspark | Helmstedter Revier“
Spezifische Landschaftsräume:
Die Arbeit entwirft eine klare Vision für einen Landschaftspark, der Produktion, Energiegewinnung und Erholung miteinander verbindet. Das Gebiet ist in vier charakteristische Zonen gegliedert: LAPP.LAND, PRODUKTIV.LAND, ENERGIE.LAND und ELM.LAND. Jede dieser Landschaften entwickelt eigenständige Nutzungen, die örtlich verankert und flexibel gestaltet sind.
Der Helmstedter Loop:
Zentrales Element ist der „Helmstedter Loop“, ein Rundweg, der für das ehemalige Revier charakteristische Bereiche, u. a. auch geologische und historische Besonderheiten erschließt. Er verbindet bedeutende Orte wie die Seepromenade am Lappwaldsee, die Gedenkstätte Marienborn und den Grenzkohlepfeiler, und überquert den See an seiner schmalsten Stelle.
Energie als gestalterisches Prinzip:
Besonders überzeugend ist die konsequente Einbindung verschiedener Formen der Energiegewinnung. Der Agrarcampus vereint Forschung, Lebensmittelproduktion und Kreislaufwirtschaft, während der Technologiecampus bestehende Infrastruktur für wirtschaftliche Entwicklung weiterdenkt.
Erholungsraum für Menschen:
Für Erholung sorgen Angebote in Lappland und Elmland, darunter Aussichtsstationen und Vernetzungsinseln im Lappwaldsee. Die Jury lobt die flexible Struktur, diskutiert aber kritisch das großzügig dimensionierte Seezentrum sowie die fehlende Anpassung desLoops an unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse.
Fazit: Insgesamt überzeugt die Arbeit durch eine durchdachte, ortsbezogene und zukunftsorientierte Gestaltung einer Grünen Energielandschaft.

Platz 2
RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten, Köln mit Yellow Z Urbanism Architecture, Berlin
Jury Begründung für „Das Helmstedter Revier als Grüne Zukunftsregion“
Der Entwurf überzeugt mit dem mutigen Ansatz, alte Spuren der Energiegewinnung nicht zu tilgen, sondern als Ausgangspunkt für Neues zu nehmen.
Die Jury würdigte besonders die klare Gliederung und das Verständnis von den drei Ebenen:
Urbane Materiallandschaft:
Die Relikte der Energievergangenheit wie Industrieanlagen werden respektiert, indem sie kreativ und identitätsstiftend genutzt werden. Sie bieten Raum für Forschung, Bildung und neues Bauen im Bestand – als Basis für die wirtschaftliche Entwicklung der Region.
Klimaadaptive Energielandschaft:
Auf Feldern und in sogenannten Energiewäldern werden neuartige Umwelttechnologien und Anbaumethoden erprobt. Die Landschaft dient als Labor für klimaangepasste Landwirtschaft, Entwicklung neuer Mischkulturen und lebt von temporären Zwischennutzungen je steigendem Überflutungsgrad der Terrassen.
Die dynamische Erlebnislandschaft:
Entwicklung eines abwechslungsreichen Naherholungs- und Tourismusgebiets orientiert an der ehemaligen innerdeutschen Grenze mit historischen Ankerorten und naturnah am Grünen Band, auf dem ein Pfad der Energie entstehen könnte.
Fazit: Statt auf fertige Lösungen setzt der Entwurf auf dynamische Prozesse, Experimente und kluge Kombinationen. Auch schwierige Themen wie die langfristige Flutung werden gestalterisch produktiv genutzt. Diese Balance aus Struktur und Flexibilität, Pragmatismus und Vision schuf für die Jury ein glaubwürdiges und eigenständiges Bild einer zukunftsfähigen Kulturlandschaft.

Platz 3
bgmr Landschaftsarchitekten GmbH, Berlin mit Reicher Haase Assoziierte GmbH, Dortmund
Jury Begründung für Zukunftsfähige Kulturlandschaft
Überzeugende Grundstruktur mit Respekt für die Landschaft
Die Arbeit beeindruckt durch eine klare Grundordnung, die Landschaft und Bestand respektiert und zugleich Spielraum für künftige Entwicklungen schafft. Besonders gelungen ist die Einbettung der Seenkette in ein System aus Waldgürteln mit vielseitig nutzbaren Kammern – eine Struktur, die an historische Kulturlandschaften erinnert.
Elmsee als Raum des Wandels
Die Idee, für den Elmsee eine Zwischenphase mit eigener Atmosphäre zu gestalten, überzeugt. Der Wandel des Wasserspiegels wird als gestalterischer Prozess begreifbar gemacht, der sich immer wieder neu erleben lässt.
Überzeugende Landmarke – weniger starke Details
Das Hauptwegenetz ist sinnvoll angelegt und bindet zentrale Orte gut ein. Die Entwicklungsideen rund um den Kühlturm sowie städtebauliche Vorschläge für weitere Orte werden positiv bewertet. Besonders hebt die Jury das „Mega-Windrad“ – eine Landmarke mit Aussichtsfunktion und großer Symbolkraft – hervor. Andere Vorschläge wirken eher klassisch.
Fazit: Die Arbeit zeigt große gestalterische Sorgfalt und thematische Tiefe.