Neuigkeiten

Solarenergieanlagen vor allem auf bebaute Flächen 25.11.2022

Das Interesse und der Nutzungsdruck auf die über 5000 Quadratkilometer große Fläche des Großraum Braunschweigs steigt auch in unserer Region nahezu täglich.

Insbesondere für die unbebauten Flächen gibt es vielfältige Anforderungen und Wünsche aus den Kommunen und der Industrie für die Ausweitung von Gewerbe- und Wohngebietsflächen, der Rohstoffwirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft sowie den Anforderungen für Naherholung und den Hochwasser- und Naturschutz. Der Regionalverband Großraum Braunschweig hat die Aufgabe, all die Nutzungsansprüche gegeneinander abzuwägen und ein ausgewogenes Flächenangebot bereitzustellen. Mit den neu gesteckten Zielen des Landes Niedersachsens zum Ausbau der erneuerbaren Energien entstehen neue Bedarfe. Für Windkraft hat der Regionalverband bereits Vorranggebiete ausgewiesen und wird in den kommenden Jahren weitere ausweisen. Für Solarenergie berät er die Kommunen und hält Daten vor, wo geeignete Standorte sein können.

65 Gigawatt (GW) Strom aus Solarenergie hat das Land Niedersachsen als Ziel bis 2040 ausgerufen: Davon mindestens 50 GW auf bereits bebauten Flächen und 15 GW auf unbebauten Flächen. Für das Gebiet des Regionalverbands, das ca. zehn Prozent des Landes Niedersachen ausmacht, bedeutet dies überschläglich insgesamt 6,5 GW - also 5 GW auf bebauten und 1,5 GW auf unbebauten Flächen.

Potenzial bereits bebauter Flächen nutzen

„Der Schwerpunkt für den Ausbau der Photovoltaik sollte auch in unserer Region auf bereits baulich entwickelten Flächen liegen“, stimmt Ralf Sygusch, Verbandsdirektor, nachdrücklich den Zielvorgaben des Landes zu. „Dächer von privaten und öffentlichen Gebäuden oder auch große Parkplätze sind Flächen, bei denen die zusätzliche Nutzung für PV einen Mehrwert bietet.“ Nach Daten des Regionalverbands ist auch das Potenzial vorhanden, um den Großteil der vorgegebenen Landesziele auf bebauten Flächen zu erreichen: „Unser regionaler Solardachatlas enthält Informationen zu rund 5900 Hektar Dachflächen, die als geeignet eingestuft sind und von denen bisher weniger als 10 Prozent genutzt werden. Das daraus ableitbare rechnerische Potenzial beträgt etwa 9,4 GW. Selbst wenn sich realistisch nur die Hälfte der Potenziale umsetzen ließen, unter anderem nach Abzug von denkmalgeschützten oder baulich ungeeigneten Häusern, bleibt ausreichend Potenzial. Darüber hinaus können auch an Wandflächen von Hochhäusern, Lärmschutzwänden, Werbeflächen und insbesondere auf großen Parkplatzflächen PV-Anlagen installiert werden.“ Ein konkretes Beispiel für dieses immense Potenzial findet sich im Klimaschutzkonzept der Stadt Braunschweig: Allein für Braunschweig wurde ermittelt, dass rund 200 Hektar Stellplatzflächen überdacht und mit Photovoltaik bestückt werden könnten.

Geeignete Freiflächen für PV-Nutzung festlegen

Bei den PV-Anlagen auf unbebauten Flächen (Freiflächen-PV) sei Augenmaß geboten, meint Anna Weyde, Erste Verbandsrätin. Sie zieht dazu einen Vergleich: „Das gesamte Volkswagen-Werk in Wolfsburg hat eine Fläche von rund 650 Hektar – da erkennt man, welche Dimensionen dahinterstehen, wenn Gemeinden von Projektierern für PV-Anlagen Anfragen für Freiflächen-Photovoltaik von teilweise 100 bis 300 Hektar bekommen.“ Derzeit liegen bereits Anfragen zu rund 3000 Hektar bei den Verwaltungen in unserer Region vor. Die Landesvorgabe von 1,5 GW auf unbebauten Flächen in der Region wäre jedoch bereits mit ca. 1500 Hektar erreicht. Die Kommunen stehen unter Druck: Sie allein sind hier die Entscheider, da sie die zuständigen Behörden sind. Bei diesem Thema stoßen aber gerade kleinere Kommunen, die besonders betroffen sind, oft an ihre Grenzen. Sie möchten die Erzeugung erneuerbarer Energien ermöglichen, wissen aber auch, dass viele der Flächen für andere Nutzungen wertvoll sind.

Der Regionalverband, der bei Photovoltaik im Gegensatz zur Windenergienutzung nur eine unterstützende und keine steuernde Rolle hat, empfiehlt ihnen, Flächen zu benennen, die grundsätzlich für Freiflächen-PV (FFPV) geeignet sind, und im restlichen Gemeindegebiet keine Freiflächen-PV zu ermöglichen. Geeignete Flächen könnten z. B. solche entlang von Autobahnen und Bahnstrecken, Flächen mit belasteten Böden, Deponien und andere sein. Auch FFPV auf Wasserflächen ist denkbar. Damit sind auch die Ziele für den unbebauten Bereich mehr als erreichbar.

Um die Kommunen vor Ort argumentativ und mit Daten zu unterstützen, hat der Regionalverband ein umfangreiches Servicepaket für die Kommunen zusammengestellt (Näheres unter https://www.regionalverband-braunschweig.de/ffpv/). Der Regionalverband baut aktuell außerdem ein Kataster mit für PV genutzten Flächen auf, um einen Überblick über den Ausbaustand zu geben. „Wir möchten die Kommunen dabei unterstützen, dass die Freiflächen-PV-Planung im Sinne aller ist und sich nicht „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ durchsetzt“, bekräftigt Weyde.

Sygusch resümiert: „Wir müssen aufpassen, dass wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Der Regionalverband möchte die Erzeugung und Versorgung unserer Region mit Solarenergie voranbringen. Vielen erscheint die Nutzung von Freiflächen im ersten Moment als der attraktivste Weg. Wir stehen jedoch in der Verantwortung, unsere Flächen nachhaltig zu nutzen. Wenn wir sowohl die klima- und energiepolitischen Ziele und gleichzeitig die wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele auf den vorhandenen Flächen umsetzen wollen, brauchen wir intelligente Lösungen, die mehrere Nutzungen auf einer Fläche ermöglichen. Und unter diesem Aspekt ist es am sinnvollsten, Photovoltaik-Anlagen vor allem in Bereichen zu installieren, die bereits bebaut sind. Manchmal mag dies teurer oder aufwändiger sein, aber langfristig gesehen, ist das der richtige und auch wirtschaftlichere Weg.“

Weitere Vorteile von PV auf bebauten Flächen:

  • Stromleitungsnetze sind vorhanden, kein Leitungsausbau erforderlich.
  • Die dezentrale Versorgung verhindert, dass die Leitungsnetze durch Einspeisung von großen Energiemengen durch riesige Photovoltaik-Flächen überlastet werden.
  • Wenn Erzeugung und Verbraucher nah beieinander sind, geht weniger Energie bei der Weiterleitung verloren.
  • Dächer haben keine weitere Funktion als ein Haus zu schützen, durch PV erhalten sie einen Mehrwert.
  • Privathaushalte und Unternehmen können selbst aktiv werden, produzieren ihre eigene Energie und werden unabhängiger in der Energieversorgung.

Hintergrund:
Der Ausbau der Solarenergie ist von enormer Bedeutung für die Klimastrategie des Region. Der Regionalverband hat gemeinsam mit den Kommunen bereits vor fünf Jahren mit dem Masterplan 100 % Klimaschutz für die Region das Ziel gesteckt, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 95 % gegenüber 1990 zu reduzieren. Um diese Ziele zu erreichen, müssen zukünftig auch wesentlich mehr Dachflächen für die Erzeugung von Solarenergie genutzt werden. Der SolarDachAtlas, der im Internet unter www.solardach-regionalverband.de aufzurufen ist, ist ein niedrigschwelliges Angebot, um die Eignung eines Daches für Photovoltaik schnell und übersichtlich zu prüfen.

Zurück